Ferdinand Ebner: Gesammelte Werke. Online Edition.

1. Die Edition

Die Digitale Edition „Ferdinand Ebner. Gesammelte Werke“ ist ein Ergebnis des seit 1999 laufenden Ebner-Projektes, das das Ziel verfolgt, sämtliche Werke Ferdinand Ebners zu veröffentlichen.

Konzipiert wurde das Ebner-Projekt von Anfang an als Hybridedition, die aus einer wissenschaftlich-kritischen elektronischen Ausgabe einerseits und aus einer Reihe von kommentierten Leseausgaben im Druck besteht.

Im Arbeitsprozess wurde zunächst die elektronische Ausgabe erstellt, deren Dateien die transkribierten, kollationierten, textkritisch bearbeiteten und kommentierten Texte enthalten. Aus diesen Dateien wurden danach die Druckausgaben generiert. Aufgrund verschiedener Umstände hat es sich ergeben, dass die Druckausgaben früher veröffentlicht werden konnten als ihre digitalen Pendants (Liste der bisher erschienenen Druckausgaben).

Die vorliegende Online-Ausgabe soll diesen Zustand ändern und zur Veröffentlichung der zahlreichen Texte führen, die bisher nur den am Projekt Beteiligten zugänglich waren. In aufeinanderfolgenden Versionen werden Schritt für Schritt der Textkorpus erweitert und die Editionsumgebung mit Funktionen angereichert werden. Dem Benutzer sollen so sukzessive die Möglichkeiten gezeigt werden, die eine elektronische Textauszeichnung bietet.

1.1. Crowdsourcing

Eine inzwischen etablierte Methode, digitale Editionen zu erstellen, ist die, die einzelnen Arbeiten (Transkription, Auszeichnung und Lektorat) nicht von Experten durchführen zu lassen, sondern sie an interessierte „Laien“ zu vergeben. Ein Beispiel für ein solches „crowdsourcing“ ist die im Aufbau begriffene elektronische Ausgabe der Werke Jeremy Benthams (www.ucl.ac.uk/Bentham-Project/).

Diese Idee soll auch für das Ebner-Projekt genützt werden und zwar zunächst in der einfachen Form, dass Leser, die sich die Online-Texte durchlesen, gebeten werden, Ihnen eventuell auffallende Fehler zu melden, damit sie von den Mitarbeitern des Projektes beseitigt werden können. Obwohl ein Text bevor er Online geht, mehrfach lektoriert ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass er immer noch Fehler enthält. Es kann als ein Vorteil digitaler Editionen angesehen werden, dass sie es im Unterschied zu Druckausgaben gestatten, den Leser in die Qualitätssicherung der Texte mit einzubeziehen.

Sollte Ihnen etwas auffallen können Sie sich an folgende mail-Adressen wenden:

Falls damit Ihr Interesse geweckt wurde und Sie sich an weitergehenden Arbeiten wie der Transkription von Handschriften Ebners oder der Textauszeichnung in TEI/XML beteiligen möchten, können Sie sich gerne ebenfalls an die genannten Adressen wenden.

2. TEI/XML

In der Ebner-Online-Edition sind die Texte im für elektronische Editionen maßgeblichen TEI/XML-Standard bearbeitet.

TEI steht für Text Encoding Initiative (www.tei-c.org), die auf XML (Extensible Markup Language) aufbaut. Wie XML stellt die TEI ein Werkzeug zur Verfügung, mit dem elektronische Daten strukturiert werden können, im Unterschied zu XML aber speziell dazu, elektronische Texte auszuzeichnen. Die TEI wurde Ende der Achtziger-Jahre von verschiedenen US-amerikanischen Institutionen initiiert, die sich mit der Anwendung computergestützter Informationstechnologie für Geisteswissenschaften und speziell für die Sprachwissenschaft beschäftigen. Seit dem Jahr 2000 besteht mit dem TEI Konsortium eine die Einhaltung und Weiterentwicklung des internationalen und interdisziplinären Standards überwachende Institution. Mit einem sukzessiv ausgebauten Regelwerk ist es der TEI gelungen, sich international durchzusetzen und sich als der State of the Art der elektronisch arbeitenden Editionsphilologie zu etablieren.

Die Vorteile der TEI können aus editionsphilologischer und archivarischer Sicht wie folgt zusammengefasst werden:

  1. In die TEI-Richtlinien sind langjährige Erfahrungen von Philologen eingeflossen. Es ist kein Projekt von Programmierern.
  2. Das Projekt ist als Mitgliederkonsortium konstituiert. Neue Erfahrungen können also jederzeit eingebracht werden.
  3. Die Richtlinien geben jedem neuen Nutzer von XML eine fundierte Ausgangsbasis. Man muss nicht bei null anfangen, sondern kann von der Erfahrung Anderer profitieren.
  4. Durch die normierten Standards werden Texte schneller verstehbar und dadurch austauschbar. Es ist rascher oder überhaupt erst möglich, Kooperationsprojekte einzugehen.
  5. Austauschbarkeit heißt auch, dass Transformationsregeln transportierbar werden.
  6. Durch die normierte Notation bleiben die Texte letztlich auch archivierbar. Die Richtlinien werden zwar erweitert, aber niemals rückwirkend geändert. Damit können ältere Texte höchstens „primitiver“ ausgezeichnet sein, niemals aber falsch.

Die TEI stellt umfangreiche Möglichkeiten zur Auszeichnung von Texten zur Verfügung, für die Digitale Edition des Ferdinand Ebner Projektes wird nur ein Teil davon verwendet. Die ausgewählten Textauszeichnungselemente (= Tags) sind in einer Dokumentation zusammengefasst und mit Beispielen erläutert. Sie bilden eine Bedienungsanleitung, mit der einerseits die bestehenden Texte bezüglich ihrer Auszeichnung verständlich werden und andererseits noch nicht ausgezeichnete Texte in die Digitale Edition eingefügt werden können, ohne dass dafür das Einarbeiten in einen proprietären kritischen Apparat erforderlich ist.

Bedingt durch die Vielzahl von Auszeichnungselementen steht eine Auszeichnung von Texten mit Hilfe von TEI/XML vor der Herausforderung, auf der einen Seite diese Vielzahl von Möglichkeiten zu haben, mit denen der Text bis in feinste Details analysiert werden kann und auf der anderen Seite mit Arbeitsvoraussetzungen konfrontiert zu sein, die nach einer mehr oder wenige strikten Auswahl verlangen. Bei der Wahl der Elemente wurde nach der Faustformel vorgegangen, so viel auszuzeichnen wie notwendig und so wenig wie möglich. Was dabei für „notwendig“ und „möglich“ gehalten wurde, war von vielen Faktoren abhängig: vom Text, der auszuzeichnen ist, von den Informationen, die für den Benutzer sinnvoll sind und von den personalen, zeitlichen und finanziellen Ressourcen, die dem Projekt zur Verfügung standen.

Das „Tagging“ der Texte schafft zugleich die Basis für deren weitere Auswertung, die dem Leser Informationen vermittelt, die weit über das hinausgehen, was klassische Web-Funktionalität liefert. Auch wenn sich gezeigt hat, dass die Anwendung von bestehenden Softwaretools keine brauchbaren Ergebnisse liefert, weil das für die Ebner-Texte sinnvolle „Tagging“ für diese zu spezifisch ist, trägt die Standardisierung entscheidend dazu bei, entsprechende Tools neu zu entwickeln und mit diesen zu einem bisher unerreichten Verständnis der Werke Ferdinand Ebners beizutragen.

3. Version 2.0

3.1. Systemvoraussetzungen

Für die Ebner-Online-Edition können folgende Browser verwendet werden:

  • Internet Explorer: ab Version 9
  • Mozilla Firefox: aktuelle Version über automatisches update
  • Google Chrome: aktuelle Version über automatisches update

Geräte (PC’s, Notebooks o.ä.), auf denen diese Browser laufen, sind in Bezug auf Hard- und Software gewöhnlich so ausgestattet, dass eine problemlose Benutzung möglich ist.

Mit einem gängigen DSL-Anschluss können die Seiten und Texte der Edition ohne störende Verzögerungen aufgerufen werden. Längere Antwortzeiten bringt die Volltextsuche nach trefferreichen Worten (z.B. „und“) mit sich.

ACHTUNG! In Version 2.0 dauert das Öffnen kommentierter Texte vorerst deutlich länger. Das hat mit dem Konzept zu tun, nach dem die SW-Tools gebaut wurden. An einer Änderung wird gearbeitet.


3.2. Aufbau und Funktion

Die Ebner-Online-Edition ist grundsätzlich in eine Startseite und eine Textseite aufgeteilt.

3.2.1. Startseite

Nach Aufruf der Ebner-Online-Edition durch Eingabe der Adresse wfe.sbg.ac.at in die Adresszeile des Browsers erscheint die Startseite mit einem Bild Ebners, einer Titel- und Menüleiste, einem einleitenden Text und den Logos der Sponsoren am unteren Rand.

Die Funktionen dieser Komponenten der Startseite sind im einleitenden Text beschrieben (wfe.sbg.ac.at/exist/apps/Frontpage/index.html).

3.2.2. Textseite

Auf die Seite mit den Texten gelangt man, indem man auf der Startseite den Menüpunkt Die Digitale Edition anklickt.

Auf der Textseite befinden sich oben nebeneinander die Titelleiste und die Orientierungsleiste. Auf der Seite links gibt es eine aufklappbare Navigationsleiste, an die Laschen geheftet sind. Den übrigen Teil der Seite nimmt der grau hinterlegte Textbereich ein, in dem die Texte, Fußnoten und Metainformationen (Kommentare o.ä.) angezeigt werden.

Die Titelleiste besteht aus einem Bild Ebners und dem Titel der Edition. Beide haben die Funktion eines home-buttons und führen beim Anklicken zur Startseite mit dem einleitenden Text.

Die Orientierungsleiste daneben setzt sich aus der Titel-, Abschnitts- und Seitenangabe des Werkes zusammen, das gerade geöffnet ist. Ist eine Seite im Textbereich sichtbar, dann werden unter „Titel:“ der Titel des Werkes angegeben, zu dem die Seite gehört, unter „Abschnitt:“ der Abschnitt und unter „Seite:“ die Seitenzahl.

Die Navigationsleiste ist bei erstmaligem Aufruf der Textseite aufgeklappt, so dass das Werkverzeichnis sichtbar ist. Die sechs angehefteten Laschen sind mit W, I, S, EB, dip und red gekennzeichnet. W steht für das Werkverzeichnis, I für das Inhaltsverzeichnis, S für die Volltextsuche, EB für Editorischer Bericht, dip für diplomatische Fassung und red für redigierte Fassung. Die Funktion jeder Lasche ist mit einem mouse-over erkennbar, d.h. bewegt man die Maus über die Lasche erscheint ein kleines Fenster mit der Beschreibung der Laschen Funktion.

Wenn ein Text geöffnet ist, kann die Navigationsleiste über die Laschen W und I zu- und aufgeklappt werden.

3.2.2.1. Werkverzeichnis

Unter W ist das Werkverzeichnis aufgelistet, das entsprechend der Ebner-Nachlassordnung des Forschungsinstitutes Brenner-Archiv (FIBA) aufgebaut ist. Darin sind Ebners hinterlassene Schriften in die folgenden vier Kategorien eingeteilt:

  • Philosophische Werke
  • Künstlerische Werke (Gedichte)
  • Notizen mit Aphorismenbänden und Tagebüchern
  • Korrespondenz mit Briefen/Postkarten von und an Ferdinand Ebner

Durch Anklicken einer Kategorie (entweder Pfeil links oder Titel) geht die nächste Ordnungsebene auf. Will man sich schnell einen Überblick über alle Ebenen verschaffen, kann dies über die beiden Pfeile an der Spitze geschehen, die ein „expand all“ (alles Öffnen) und „collapse all“ (alles Schließen) bewirken. Das Öffnen eines Textes im Textbereich geschieht im Normalfall auf der Ebene der Titelangabe. Eine Ausnahme davon bilden jene Werke, zu denen es Textstufen gibt, bzw. deren Textstufe näher gekennzeichnet werden kann. In diesen Fällen erfolgt die Auswahl nicht über den Titel, sondern über die Textstufe.

Texte, die kommentiert sind, erscheinen im Werkverzeichnis mit einem Symbol vor dem Titel. Sie bieten eine Reihe von Funktionen, die die anderen Texte noch nicht haben. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es ein Text - das Hauptwerk Das Wort und die geistigen Realitäten -, der kommentiert vorliegt. Die Metainformationen zu den anderen Texten werden sukzessive eingespielt werden.

Wird ein Werk geöffnet, dann erscheint im Textbereich dessen erste Seite. Mit den Bild-auf/ab-Tasten sind Seitenwechsel möglich. Die Pfeil/Cursortasten, die so wie das Scrollen mit der Maus einen Zeilenvorschub bewirken, sind dann aktiv, wenn die Navigationsleiste geschlossen ist. Im anderen Fall können mit ihnen die Einträge des Werk- bzw. Inhaltsverzeichnisses markiert werden.

Die Seitenzahlen entsprechen den Seitenzahlen des Quelltextes, die einzelnen Seiten sind durch deutliche Seitenumbrüche voneinander abgehoben. Der Edierte Text ist linksbündig formatiert, die Seitengröße stellt sich automatisch auf die Länge des Quelltextes ein. Schrift und Zeilenlänge sind so gewählt, dass ein ermüdungsarmes Lesen möglich ist (ca. 70 Zeichen inkl. Leerzeichen pro Zeile).

Fußnoten werden über ein Fußnotenzeichen angegeben, dessen Anklicken den Fußnotentext rechts neben dem Haupttext einblendet. Wird eine andere Fußnote geöffnet, wird die bisher offene Fußnote geschlossen. Ist die Navigationsleiste offen, wird sie beim Aufrufen einer Fußnote automatisch zugeklappt.

3.2.2.2. Inhaltsverzeichnis

Ist ein Werk über das Werkverzeichnis geöffnet, können seine Abschnitte über das Inhaltsverzeichnis ausgewählt werden. Abschnitte sind vom Autor vorgenommene Werkgliederungen wie Kapitel, Aphorismen- oder Tagebucheinträge. Bei Auswahl eines Abschnittes wird zu der entsprechenden Seite im Text gesprungen. Wenn wie bei Tagebüchern die Anzahl der Abschnitte groß ist, gibt es am rechten Rand der Navigationsleiste eine Bildlaufleiste, mit der die nicht sichtbaren Abschnitte zu erreichen sind.

3.2.2.3. Suche

Durchsucht werden kann die Ebner-Online Edition auf zweifache Weise: einmal über die Lasche S in der Navigationsleiste und zum anderen über das Browser-Suchfenster (gewöhnlich mit STRG+F aufrufbar).

Die Lasche S stellt eine Volltextsuche auf Wortebene zur Verfügung. Dabei werden sämtliche, im Werkverzeichnis gelistete Texte auf Treffer für den zu suchenden Ausdruck hin recherchiert. Nach Anklicken öffnet sich ein Fenster mit einer Eingabezeile und einer Drop-Down-Liste mit verschiedenen Suchmodi. Über den Button „Suchen“ wird die Suche gestartet.

ACHTUNG! Die Suche ist in der vorliegenden Version nur in der redigierten Fassung möglich, nicht in der diplomatischen.

Um Treffer zu erhalten, ist die Eingabe von ganzen Worten erforderlich, d.h. „Substanz“ wird gefunden, „Subst“ nicht.

Als Suchmodus kann „Alle“ oder „Phrase“ eingestellt werden. „Alle“ bedeutet, dass alle Treffer zu jedem Wort in der Eingabezeile aufgelistet werden, also im Falle von „nicht das rechte“ alle Treffer zu „nicht“, „das“ und „rechte“. Soll nicht nach einzelnen Worten, sondern nach Wortfolgen in der eingegebenen Reihenfolge gesucht werden, dann ist die Option „Phrase“ einzustellen. Im Falle von „nicht das rechte“ werden dann alle Treffer für „nicht das rechte“ aufgelistet.

Die Trefferliste besteht aus der Angabe der Anzahl der Dokumente, in denen der gesuchte Ausdruck gefunden wurde und der Titel der Werke, in denen es Treffer gab. Ein Klick auf den Titel eines dieser Werke öffnet den Text und zwar auf der Seite, auf der der erste Treffer gefunden wurde. Die Treffer sind gelb hinterlegt und können über die Buttons „Nächster Treffer“ und „Vorheriger Treffer“ am unteren Ende des Suchfensters abgesprungen werden.

Im Unterschied zur Volltextsuche ist die Browser-Suche auf das Werk beschränkt, das im Textbereich gerade geöffnet ist. Auch hier die Treffer über die entsprechenden Browser-Befehle abgesprungen werden (meistens über ENTER oder über Pfeiltasten).

3.2.2.4. Editorische Berichte

Ist ein Text geöffnet kann der dazugehörende Editorische Bericht durch Klicken der Lasche EB aufgerufen werden. Der Bericht bezieht sich auf den geöffneten Text bzw. wie bei den Brenner-Aufsätzen auf jene Sammlung von Texten, zu denen er gehört. Das, was allen Berichten gemeinsam ist, wird daher nicht dort, sondern im Folgenden beschrieben. Geschlossen wird der Editorische Bericht über das x am oberen rechten Rand des Fensters.

In der Version 2.0 werden die Texte in zwei verschiedenen Fassungen präsentiert: einmal in der diplomatischen Fassung, also so, wie sie der Autor geschrieben hat und wie sie im Faksimile nachzuweisen sind. Und zum anderen in einer redigierten oder normalisierten Fassung, die einer Leseausgabe entspricht und das Ziel hat, durch das Weglassen aller textkritischen Informationen wie Einfügungen, Durchstreichungen etc. des Autors und durch vorsichtig vorgenommene Eingriffe der Herausgeber eine bessere Lesbarkeit zu erreichen.

In Bezug auf alle hier publizierten Werke gilt, dass Einfügungen im Originaltext von den Herausgebern dann als Fußnoten interpretiert werden, wenn diese vom Autor explizit als solche gekennzeichnet wurden, ihre Position im Original (etwa bei den gedruckten Ausgaben letzter Hand) oder ihre Stellung im Text sie als Fußnoten ausweist. Um das Zitieren zu erleichtern und die Fußnoten typographisch hervorzuheben, sind diese durchlaufend nummeriert und nicht wie oft in den Originalen mit Sternchen markiert.

Sperr- und Fettdruck, Interpunktion, Datumsangaben, Absatzgliederungen folgen strikt den Vorlagen; hingegen wurde auf die Beibehaltung der Zeilenumbrüche verzichtet. Wo Ebner von der Kurrentschrift in moderne Schreibschrift wechselt (konsequent etwa bei Fremdwörtern und fremdsprachigen Zitaten), werden die entsprechenden Wörter und Passagen kursiv gesetzt wiedergeben.

Typographisch-historisch akzidentelle Umschreibungen versaler Umlaute (z.B. „Ärgernis“, normalisiert aus „Aergernis“) wurden schweigend geglättet, ebenso wie die Fälle von Schreib- und Satzversehen (z. B. frz. „medisance“, richtig: „médisance“). Hervorzuheben ist, dass die Wertung als Schreibfehler auch zeitbedingt ist und Schreibweisen, die heute als falsch gelten, zur Zeit Ebners der Norm entsprachen (z.B. „darein“, „hieher“). Ist dies aus der Sicht des Herausgebers der Fall, wird die historische Schreibweise beibehalten.

Wenn es zu einem Text noch keine Metainformationen gibt oder wenn es sie zwar gibt, diese aber noch nicht freigeschalten sind, dann gibt es zu diesem Text auch keinen Editorischen Bericht, der über die Lasche EB aufgerufen werden kann. Bei Drücken von EB erscheint daher die Zeile „Zu diesem Dokument ist hier noch kein Editorischer Bericht aufrufbar“. Um dem Leser dennoch die bereits vorhandenen Berichte zugänglich zu machen, werden sie am Ende dieser Einführung (Texte (EB)) vorgestellt.

3.2.2.5. Diplomatische Fassung

Wird bei geöffnetem Text die Lasche dip betätigt, dann stellt sich der Text um und es erscheint die Diplomatische Fassung, d.i. der Text, so wie ihn der Autor verfasst hat und wie er am Faksimile überprüfbar ist. Die farblich hervorgehobenen Stellen bedeuten dabei folgendes:

  • Löschungen und Überschreibungen: Textstellen, die von Ebner durchgestrichen oder überschrieben worden sind, sind in Rot markiert und durchgestrichen.
  • Einfügungen: Durch Ebner vorgenommene Einfügungen sind in Blau gehalten und werden in geschwungenen Klammern markiert.
  • Unleserlichkeit und Textverlust: Eine Stelle, die nicht transkribiert werden konnte, wird mit dem in eckigen Klammern stehenden Wort „Textverlust“ angegeben und ist in hellem Grau farblich markiert.

Für alle diese Änderungen durch den Autor gilt, dass sie auch verschachtelt vorkommen können, also etwa in einer Einfügung auch Durchstreichungen und umgekehrt.

3.2.2.6. Redigierte Fassung

Über die Lasche red wird der geöffnete Text in seiner redigierten Fassung angezeigt. Gegenüber der diplomatischen Version sind hier die Eingriffe des Autors eingearbeitet, aber nicht mehr markiert. Dafür sind die Eingriffe der Herausgeber kenntlich gemacht, indem die betreffenden Stellen mit einem hellroten Hintergrund versehen sind. Zu den Eingriffen gehören:

  • Abkürzungen: Abkürzungen werden in der Redigierten Fassung aufgelöst, in der Diplomatischen getreu widergegeben.
  • Emendationen: Offensichtliche Schreibversehen werden korrigiert.
  • Normalisierungen: Formen, die keine Fehler, aber besondere/historische Schreibweisen sind und u.U. zu Irritationen beim Leser führen können, werden der aktuell üblichen angepasst.
  • Ergänzungen: Alle Zeichen, die nicht vom Autor stammen und nicht zu den drei vorher genannten Eingriffe zählen, sind mit geschwungenen Klammern markiert. Bsp.: die Abkürzung L. am Ende eines Satzes wird zu Luise aufgelöst und der dann fehlende Punkt mit {.} ergänzt.

3.2.2.7. Metainformationen

Metainformationen sind Informationen, die nicht im Text enthalten sind, sondern von den Herausgebern hinzugefügt wurden. Insgesamt gibt es drei Arten derartiger Informationen:

  1. Stellenkommentar
  2. Biographische Referenzen
  3. Bibliographische Referenzen

ad 1. Stellen im Text, die aus Sicht der Herausgeber erläuterungsbedürftig sind, sind in Blau gehalten. Sie sind zugleich ein Link, der bei Betätigung rechts ein Fenster aufgehen lässt, in dem die mit „Stellenkommentar“ betitelte Erläuterung der Textstelle zu lesen ist.

ad 2. Namen von Personen, die Ebner im Text erwähnt, sind mit einer Biographie verknüpft. Sie sind in Rosa ausgegeben und stellen einen Link dar, der die mit dem Titel „Biographischer Eintrag“ versehene Kurzbiographie der betreffenden Person öffnet.

ad 3. Erwähnt Ebner im Text Werktitel, dann sind diese grün gehalten und ein Link, der zu einem Fenster mit der Überschrift „Bibliographischer Eintrag“ führt, in dem das Vollzitat des betreffenden Werkes ausgegeben wird.

Alle Fenster mit Metainformationen können über das x am oberen rechten Rand geschlossen werden.

3.2.2.8. Die Faksimiles

In Texten, deren Metainformationen freigeschalten sind, erscheint auf jeder Seite im oberen rechten Eck neben der Seitenzahl ein Lupensymbol, das angeklickt werden kann. Danach öffnet sich rechts neben dem Text ein Fenster mit einer in 300dpi Auflösung gescannten Kopie des Quelldokuments, auf das sich der Text bezieht. Das Fenster kann wieder mit dem x am oberen rechten Rand geschlossen werden.

4. Texte (EB)

Im Folgenden die Editorischen Berichte zu den Texten, die noch nicht kommentiert sind bzw. deren Kommentare noch nicht freigeschaltet wurden.

4.1. Brenner-Aufsätze

  • Ärgernis der Repräsentation
    • Abkürzung: AR
  • Die Christusfrage
    • Abkürzung: CF
  • Glossen zum Introitus des Johannesevangeliums
    • Abkürzung: GIJ
  • Das Kreuz und die Glaubensforderung
    • Abkürzung: KG
  • Die Wirklichkeit Christi
    • Abkürzung: WC
  • Das Wissen um Gott und der Glaube
    • Abkürzung: WGG

4.1.1. Einführung

Als Ferdinand Ebner nach der Fertigstellung von Das Wort und die geistigen Realitäten (WgR) 1919 in Kontakt mit Ludwig von Ficker kam, war dies auch der Beginn seiner Tätigkeit als Autor der von Ficker herausgegebenen Tiroler Kulturzeitschrift Der Brenner. Im Zeitraum zwischen 1919 und 1932 erschienen insgesamt 13 Beiträge von Ebner im Brenner, die im Folgenden aufgelistet werden:

  1. Fragment über Weininger. In: Der Brenner (B) VI, H1, 1919, S. 28–47.
  2. Kultur und Christentum. In: B VI, H2, 1919, S. 141–160.
  3. Das Kreuz und die Glaubensforderung. In: B VI, H 3, 1920, S. 200–215.
  4. Das Wort und die geistigen Realitäten. In: B VI, H4, 1920, S. 241–251.
  5. Wort und Menschwerdung. In: B VI, H5, 1920, S. 324–336.
  6. Das Urwort der Sprache. In: B VI, H6, 1920, S. 437–441.
  7. Glossen zum Introitus des Johannesevangeliums. In: B VI, H 8, 1921, S. 563–589.
  8. Das Wissen um Gott und der Glaube. In: B VI, H 10, 1921, S. 797–811.
  9. Die Christusfrage. In: B VII/2, 1922, S. 3–62.
  10. Ärgernis der Repräsentation. In: B VII/2, 1922, S. 209–225.
  11. Die Wirklichkeit Christi. In: B X, 1926, S. 3–53.
  12. Zum Problem der Sprache und des Wortes. In: B XII, 1928, S. 3–50.
  13. Fragment aus dem Jahr 1916. In: B XIII, 1932, S. 34-58.

Die hier publizierten Aufsätze der Online-Edition machen nur einen Teil der insgesamt im Brenner veröffentlichten Texte aus. Das hat vor allem damit zu tun, dass 5 der Aufsätze aus WgR stammen und als eigenständige Beiträge mit leicht geändertem Titel aufgenommen wurden. Darunter fallen:

  1. Fragment über Weininger. Aus: WgR, Fragment 16 (Otto Weininger. Geist und Sexualität).
  2. Kultur und Christentum. Aus: WgR, 18 (Natur und Geist, generelles Leben und individuelle Existenz. Kultur und Christentum. Schluss).
  3. Das Wort und die geistigen Realitäten. Aus: WgR, 1 (Die geistigen Realitäten).
  4. Wort und Menschwerdung. Aus: WgR, 3 (Wort und Menschwerdung. Gottesbeweise. Atheismus. Wort und Selbstbewusstsein. Abhängigkeit des Ichs).
  5. Das Urwort der Sprache. Aus: WgR, 8 (Das Urwort).

Den Aufsatz Fragment aus dem Jahr 1916 hat Ficker in dem ersten Brenner-Heft veröffentlicht, das nach dem Tod von Ebner erschien. Der Text, der 1916 geschrieben wurde, ist der Erste, der die Wende Ebners hin zu einem personal-dialogischen Verständnis des Menschen andeutet, und beinhaltet in Gestalt des angefügten Nachwortes 1931 den Rückblick des Autors auf diesen Anfang und die Bestätigung seines „pneumatologischen“ Weges. Als diesen selbst gespannten Bogen über sein Denken dürfte Ficker diesen Text begriffen haben und ihn daher an die Stelle eines eigenen Nachrufes in den Brenner gestellt haben. Auch F. Seyr hat in seiner Ausgabe den Text nicht zu den Brenner-Aufsätzen gezählt, sondern als eigenständige Schrift im ersten Band veröffentlicht. Dieser Linie entsprechend ist das „Fragment“ in der parallel zur Online-Edition erschienenen Druckausgabe zusammen mit dem Tagebuch 1916 in einem Band publiziert worden.

Das Fehlen von Zum Problem der Sprache und des Wortes in der vorliegenden Online-Edition ist dadurch zu erklären, dass Ebner den Aufsatz zwar für den Brenner konzipiert und bereits 1922 in einem ersten Entwurf fertig hatte, dieser aber erst 1926 bedingt durch eine 1923 einsetzende, 3 Jahre dauernde schwere Depression fertig wurde und 1928 in einer stark gekürzten Version im Brenner erschien. Der Umfang der Schrift war der Hauptgrund, warum Ficker die Veröffentlichung hinauszog und 1926 zunächst Die Wirklichkeit Christi publizierte. Der Kürzung fiel in etwa ein Drittel des Textes zum Opfer, neben zahlreichen Passagen dazwischen auch die beiden Kapitel „Karl Kraus“ und „Natur und Geist“. Auf den Vorschlag Fickers, Zum Problem der Sprache und des Wortes zusammen mit anderen Brenner-Aufsätzen in einem späteren Band zu publizieren, reagierte Ebner mit einer Zusammenstellung, in der gerade dieser Text fehlt. Auch F. Seyr hielt den Text für keinen Aufsatz und ordnete ihn deshalb in seiner Ausgabe nicht unter die mit dem Titel Die Wirklichkeit Christi versehenen Brenner-Publikationen, sondern behandelte ihn in der gleichen Weise wie etwa WgR als Monographie. Da in der Online-Edition nur vollständige Texte veröffentlicht werden - vorausgesetzt diese sind als solche rekonstruierbar - und keine gekürzten Fassungen, werden der bisherigen Editionspraxis und ihren Argumenten gefolgt und Zum Problem der Sprache und des Wortes nicht zu den Brenner-Aufsätzen gezählt.

Abgesehen von diesen formalen Gesichtspunkten zeichnet die hier veröffentlichten Aufsätze für den Brenner auch eine inhaltliche Gemeinsamkeit aus. Obwohl diese von Ebner nie explizit angegeben wird, so ist doch bei der Lektüre bemerkbar, dass die Aufsätze sich deutlich von den Schriften davor wie von denen danach unterscheiden. Gerade in Bezug auf WgR ist das überraschend, weil die Durchmischung mit den Auszügen daraus zeigt, dass sie nicht als eigenständiger Korpus geplant waren, sondern eher als Fortsetzung des in WgR Grundgelegten und in extenso Ausgeführten. Während aber in WgR für die Ich-Du Beziehung mit philosophischen und sprachwissenschaftlichen Mitteln argumentiert wird, spielen solche Überlegungen in den Brenner-Aufsätzen kaum eine Rolle. Im Zentrum steht nicht mehr die Begründung einer neuen Anthropologie, sondern Leben und Wort Jesu Christi, so wie es in den Evangelien überliefert ist. Ebners in WgR vorgebrachte, umfassende Kritik an allen Ideen, Mächten und Leistungen, die bisher den Menschen Sinn und Halt gaben, wird hier noch weiter verschärft, indem die Person Jesu Christi nicht nur der absolute Bezugspunkt ist, der an die Stelle dieser Ideen und Mächte tritt, sondern mehr noch, dass sie ein solcher ist, wird als durch sie selbst und ihre Botschaft gerechtfertigt verstanden. Es bedarf keine wie immer geartete Vermittlung, um die Göttlichkeit dieser Person erfassen zu können. Wie in WgR bleibt die Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen und ihren Ursachen bestehen, sie speist sich aber nahezu ausschließlich aus den Texten der Evangelien, die nach Ebner von jedem verstanden werden können. Durch die rein aus dem Glauben motivierte und „begründete“ Kritik erhält diese eine Radikalität und Schärfe, wie sie in den anderen Schriften Ebners nicht zu finden ist. Sie verleiht den Aufsätzen eine Sonderstellung und eröffnet die Frage, ob die in der Ebner Rezeption bisher gemachte Einteilung in eine „pneumatologische Periode“, die mit dem Abbruch der Arbeiten an Ethik und Leben Ende 1915 einsetzt und bis zum Tode Ebners reicht, nicht zu grob ist und einer differenzierteren weichen sollte.

4.1.2. Zur Überlieferung

Die Texte der Online-Edition entsprechen den Aufsätzen, die im Brenner veröffentlicht wurden. Die angegebenen Seitenzahlen sind deshalb die Seitenzahlen der Brenner-Ausgabe.

Zu allen Aufsätzen gibt es verschiedene Textstufen, wobei von jedem Reinschriften von der Hand Ebners überliefert sind. Zusätzlich zu den Reinschriften und den Druckausgaben gibt es für einzelne Texte noch Vorstufen in Form von Notizen und Entwürfen und ebenso auch Nacharbeiten in Form von Korrekturen und Ergänzungen, die Ebner nachträglich den Brenner-Ausgaben hinzugefügt hat. Die Veröffentlichung aller zu einem Text vorhandenen Stufen und ihre Beschreibung wird sukzessive in den kommenden Versionen der Online-Edition geschehen.


4.2. Ethik und Leben

Abkürzung: EuL

4.2.1. Einführung

Zusammen mit der im Herbst 2013 erschienenen Druckausgabe ist die vorliegende digitale Version von EuL die erste Veröffentlichung dieses Werkes. EuL ist damit der einzige umfangreiche philosophische Text Ebners, der bisher zur Gänze noch nie veröffentlicht wurde. Zwischen 1913 und 1914 in Gablitz entstanden, bildet die Schrift den Abschluss und Höhepunkt der sogenannten „philosophischen Periode“ Ebners. Diese lässt sich zwar zeitlich nicht genau bestimmen, da ihr Beginn und Ende durch Übergangsphasen gekennzeichnet sind, in Bezug auf das Thema und die Textsorte lassen sich aber eindeutig „Häufungswerte“ ausmachen, die eine Hervorhebung einer philosophischen Periode rechtfertigen. Vor dieser Phase bestand die literarische Produktion Ebners hauptsächlich aus Gedichten, nach 1908 und bis zu EuL nur mehr aus Aphorismenbänden und Tagebüchern. Im Vergleich zu diesen zeigt sich deutlich, dass EuL sowohl hinsichtlich des Umfanges, des systematischen Aufbaus als auch des Inhaltes der Kulminationspunkt der in den Notizen aufgezeichneten Gedanken ist. Zugleich markiert das Werk aber auch einen Endpunkt in der geistigen Entwicklung Ebners, da das zentrale Thema von EuL in der danach folgenden Phase bis zur Entstehung des Hauptwerkes Das Wort und die geistigen Realitäten 1918/1919 keine Rolle mehr spielt. In der Folge geht es Ebner nicht mehr darum, eine Ethik auf der Basis eines erweiterten Lebensbegriffes zu entwickeln, noch darum, eine Metaphysik der individuellen Existenz zu begründen. So will Ebner sein Hauptwerk gerade nicht als Philosophie oder Metaphysik verstanden wissen, sondern als „Pneumatologie“. Ein weiteres Argument für die Kennzeichnung von EuL als eigenständigem „Frühwerk“ sind die überlieferten Kommentare, die Ebner zu seinem Werk abgegeben hat und in denen es durchgehend als Abschluss einer Phase seines Denkens erscheint. Und schließlich spricht auch die Tatsache, dass es bisher noch zu keiner Veröffentlichung gekommen ist, dafür: für alle Herausgeber von Werken Ebners war EuL ein eigenständiger Text, der sich nicht in jenes dialogphilosophische und christlich-existentielle Denken einordnen lässt, für das Ebner bekannt ist und um dessen Veröffentlichung es den jeweiligen Herausgebern ging. Demgegenüber verfolgt die vorliegende Neuausgabe ein breiter angelegtes Ziel, indem Werke aus allen Perioden herausgegeben werden, um so Ebners Denken in seinen vielen Aspekten und in seinen über die Zeit erfolgten Änderungen bekannt und verständlich zu machen. Auf der Basis eines derartigen Editionskonzeptes ist die Druckausgabe und jetzt auch die elektronische Ausgabe des Frühwerkes EuL ein notwendiger Teil des Editionsplanes.

4.2.2. Zur Überlieferung

EuL ist zweifach überliefert: einmal in Form eines Manuskriptes und zum anderen in Form der Druckfahnen des Pustet-Verlages aus dem Jahr 1936. Beide sind Teile des Ferdinand Ebner Nachlasses am FIBA der Universität Innsbruck.

Die Textgrundlage der vorliegenden Erstausgabe ist das Manuskript, bestehend aus 160 beidseitig in Kurrentschrift beschriebenen 21 x 34 cm großen, aus Bogenhälften ausgeschnittenen Seiten. Die Seiten sind in einer mit zwei Schnüren verschließbaren Mappe gebündelt. Die Handschrift ist in schwarzer Tinte unterschiedlicher Stärke gehalten und lässt sich durchgehend der Hand Ebners zuordnen. Am Ende des Textes sind in Bleistift ein Vermerk und eine Widmung hinzugefügt, die beide dem Schriftbild Ebners entsprechen und lauten: „Geschrieben im Sommer 1913 u. Frühjahr 1914“, „Für Hildegard Jone im April 1931 F.E.“ Die Korrekturen – Durchstreichungen und meistens am Rand vorgenommene Einfügungen – sind, von Ausnahmen abgesehen, ebenfalls in schwarzer Tinte vorgenommen worden. Der Urheber der im Nachhinein mit Bleistift getätigten Eingriffe ist aufgrund der Tatsache, dass Vermerk und Widmung ebenfalls in Bleistift gehalten sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit Ebner gewesen. Dafür sprechen die Datumsangabe vom „April 1931“ und die Tagebucheintragungen vom 19.4. und 22.4.1931. Offenbar hat Ebner in dieser Zeit EuL noch einmal durchgelesen und weitere Korrekturen in Bleistift vorgenommen, möglicherweise bereits in Hinblick auf ein von Hildegard Jone geäußertes Interesse an einer künftigen Drucklegung. Ebenfalls in Bleistift sind Absatzzeichen im Manuskript eingetragen worden, sowie Angaben für den Drucksatz. Beide dürften entweder vom Verlag oder von Jone stammen, da sich das Manuskript im Zuge der geplanten Drucklegung in den Händen des Pustet-Verlages befand und die Absätze in den Druckfahnen den korrigierten des Manuskriptes entsprechen. Gelegentlich finden sich auch Markierungen mit Buntstift, die entweder von Hildegard Jone oder vom Verlag vorgenommen wurden, da in den Druckfahnen auch An- bzw. Durchstreichungen in der gleichen Farbe vorkommen. Dass Franz Seyr, der für seine Ausgabe von Werken Ebners bevorzugt mit Buntstiften Eingriffe in die Originalmanuskripte vornahm, dafür in Frage kommt, ist unwahrscheinlich, da er erst zwischen 1963 und 1965, während der Arbeit am dritten Band, Kenntnis von der Existenz der Handschrift bekam (vgl. Seyr III, S. 770, n1).

Aufgrund des über weite Strecken sauberen, ohne große Korrekturen flüssig geschriebenen Textes liegt die Vermutung nahe, dass das Manuskript eine Reinschrift darstellt. Verfolgt man die Entstehungsgeschichte von EuL anhand von Tagebuch 1912–1916, dann lässt sich die Frage, welche Textstufe das überlieferte Manuskript darstellt, so beantworten:

Im April 1912 erwähnt Ebner zum ersten Mal, dass ihm der Gedanke gekommen ist, „das entscheidende Problem der Biologie in geschlossener Darstellung anpacken“ (Tgb 1912–1916, 13.4.1912) zu wollen. Ein Jahr später, im April 1913, setzt er den Gedanken in die Tat um und beginnt mit der Niederschrift einer „metaphysische[n] Deutung der biologischen Periodizität“ (Tgb 1912–1916, 6.4.1913). Daraus entsteht ein Entwurf, von dem Ebner Ende Juni in den Sommerferien eine Reinschrift anfertigen will (Tgb 1912–1916, 26.6.1913). Zugleich muss er sich aber Anfang Juli eingestehen, die begonnene Arbeit um das ursprünglich gewählte Thema nicht fortsetzen zu können, da sie sich zu einer „ethische[n] Metaphysik der individuellen Existenz“ erweitert hat (Tgb 1912–1916, 1.7.1913). Ebner erwägt die Möglichkeit, die Abschnitte über die Periodizität herauszunehmen und sie gesondert zu bearbeiten (Tgb 1912–1916, 18.7.1913), verfolgt dieses Vorhaben aber nicht weiter, sodass es zu keiner Reinschrift des Entwurfs kommt und die Arbeit über den Sommer weitgehend eingestellt wird (Tgb 1912–1916, 3.10.1913). Am 12.10. hält Ebner fest, dass er die „Arbeit wieder hergenommen und bis heute das einleitende Fragment nochmals geschrieben [habe], kürzend, zusammendrängend und vor allem die vielen Zitate streichend“ (Tgb 1912–1916, 12.10.1913). Er berichtet über den Fortgang der Arbeit und die Fertigstellung des „II.“ (Tgb 1912–1916, 16.10.1913) und des „III. Fragmentes“ (Tgb 1912–1916, 4.11.1913). Nach dem 4.11. hören die Tagebuchaufzeichnungen auf und setzen sich mit Ausnahme der Erwähnung des Besuches bei Hermann Swoboda am 5.3.1914 erst im Mai 1914 fort. Am 26.5. erklärt Ebner die Unterbrechung und gibt zugleich den Abbruch der Arbeit an EuL bekannt: „Es war meine Absicht, die Führung eines Tagebuches erst dann wieder aufzunehmen, wenn ich meine Arbeit über die Metaphysik der individuellen Existenz fertig gebracht hätte. Sie ist nun nicht fertig geworden, zwar nicht knapp vor dem Schluß, so doch nicht weit von ihm, entschwand mir total die Fähigkeit weiterzuschreiben – und sie wird augenscheinlich auch niemals fertig werden“ (Tgb 1912–1916, 26.5.1914). Einige Tage später zieht Ebner ein Resümee seiner bisherigen Arbeiten: „[…] als ich voriges Jahr die Sache begann, hatte ich mehr oder minder deutlich alle möglichen Dinge im Auge. Zunächst wollte ich durch sie mit dem Dr. Swoboda in Verbindung kommen. Darauf war sie angelegt, daran scheiterte der erste Entwurf. Der zweite, der im Herbst begonnen wurde, war umgaukelt von den vermessensten Wunschphantasien. Daß er zu keinem Ergebnis führte, darf ich doch ehrlicher Weise nicht bedauern. Und ein dritter – wenn er mir jemals kommt, so muß er mir kommen wie im Schlafe“ (Tgb 1912–1916, 29.5.1914). Im Laufe des Jahres 1914 versucht Ebner wiederholt an diesem dritten Entwurf zu arbeiten, die Versuche gehen aber nicht über gedankliche Konzepte und Notizen hinaus (vgl. z.B. Tgb 1912–1916, 21.11.1914). Ende 1914 glaubt Ebner, wieder einen Endpunkt erreicht zu haben (vgl. Tgb 1912–1916, 23.12.1914), kann sich aber dennoch noch einmal motivieren, schafft es aber auch 1915 nicht, seine Gedanken zu einem neuen Entwurf zu bündeln (vgl. z.B. Tgb 1912–1916, 11.3.1915). Im Dezember 1915 verkündet Ebner das Ende der Arbeit an EuL: „Die philosophische Arbeit, die mich im Winter vor zwei Jahren so intensiv beschäftigt hatte, bleibt unvollendet liegen, das steht jetzt wohl endgültig fest“ (Tgb 1912–1916, 23.12.1915). Im Tagebuch 1916 wird dieses Ende bestätigt (vgl. Tgb 1916, 17.2.1916, S. 22).

Aus der exzerpierten Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass das überlieferte Manuskript mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zeit zwischen dem 9.10.1913 und dem 26.5.1914 geschrieben wurde. Dafür sprechen das auf der Mappe angegebene Anfangsdatum vom 9.10.1913, das mit dem im Tagebuch vom 12.10.1913 genannten Datum übereinstimmt, und die Inhaltsangaben zu den ersten drei „Fragmenten“, die sich mit dem Inhalt der entsprechenden Kapitel im überlieferten Manuskript decken. Da, wie erwähnt, das überlieferte Manuskript den Eindruck einer Reinschrift vermittelt und es sich dabei nicht um jene handeln kann, die Ebner im Zusammenhang mit dem von ihm genannten „ersten Entwurf“ nennt, ist zu vermuten, dass Ebner bis zum 26.5.1914 sowohl einen Entwurf als auch eine Reinschrift anfertigte und das überlieferte Manuskript diese Reinschrift darstellt. Bestätigt wird diese Annahme durch den Tagebucheintrag vom 12.6.1914, in dem Ebner davon schreibt, dass seine „Metaphysik des Lebens und der individuellen Existenz […] eingepackt mit Entwürfen und Notizen, in einem richtigen Verbannungswinkel placiert ist“ (Tgb 1912–1916, 12.6.1914). Mit der „Metaphysik des Lebens“ bezieht sich Ebner auf das erhaltene Manuskript und mit den „Entwürfen“ auf die dieser Reinschrift vorangegangenen, sich ursprünglich offenbar in derselben Mappe befindlichen Entwürfe, wahrscheinlich inklusive des ersten Entwurfs über die „biologische Periodizität“. Dass Ebner am 29.5.1914 rückblickend von einem „zweiten Entwurf“ schreibt, kann als terminologische Unschärfe gewertet werden, indem Ebner hier nicht zwischen dem Entwurf, der der Reinschrift voranging, und jenem, der auf den ersten Entwurf der „Metaphysik der Periodizität“ folgte, unterscheidet. Zusammenfassend gibt es nach dieser Rekonstruktion folgende Textstufen:

  • 1. Textstufe: Manuskript mit dem Entwurf zu einer „metaphysischen Deutung der biologischen Periodizität“, entstanden zwischen dem 6.4.1913 und dem 1.7.1913 (von Ebner zum „ersten Entwurf“ gezählt).
  • 2. Textstufe: Manuskript oder Manuskripte mit Entwürfen zu einer „Metaphysik des Lebens und der individuellen Existenz“, entstanden zwischen dem 9.10.1913 und dem 26.5.1914 (von Ebner zum „zweiten Entwurf“ gezählt).
  • 3. Textstufe: Manuskript mit einer Reinschrift zu einer „Metaphysik des Lebens und der individuellen Existenz“, entstanden zwischen dem 9.10.1913 und dem 26.5.1914 (von Ebner ebenfalls zum „zweiten Entwurf“ gezählt).

Ein Problem dieser Rekonstruktion ist das Enddatum vom 26.5.1914. Obwohl dieses Datum durch die von Ebner nachträglich 1931 mit Bleistift hinzugefügte Angabe am Schluss von EuL bestätigt wird, ist auf der Mappe ein anderes Datum angegeben, und zwar „[nach] 23.12.1914“. Was zwischen dem 26.5.1914 und dem 23.12.1914 an EuL weiter gearbeitet wurde, lässt sich nicht präzise angeben. Die Erwähnung vom 26.5.1914, dass die Arbeit „nicht knapp vor dem Schluß, so doch nicht weit von ihm“ nicht fertig geworden sei, kann verschieden gedeutet werden. Eine Möglichkeit ist, dass das letzte Kapitel über die „Idee der Gnade“, das sich sowohl hinsichtlich der Vielzahl an Korrekturen als auch hinsichtlich seines Inhaltes von den anderen Kapiteln unterscheidet, erst nach dem 26.5. geschrieben wurde und so den fehlenden Schluss darstellt, den Ebner an diesem Tag vermerkt. In den Aphorismen 1912–1914, deren Aufzeichnungen ähnlich wie die des Tagebuches zwischen Oktober 1913 und April 1914 aufhören, ist aber innerhalb des fraglichen Zeitraumes keine Fokussierung auf das im letzten Kapitel behandelte Thema der „Gnade“ festzustellen. Daher ist die zweite Möglichkeit, dass Ebner bis Ende 1914 nicht das Schlusskapitel hinzufügte, sondern lediglich Korrekturen an der Reinschrift vornahm und in den Aphorismenaufzeichnungen einen Weg suchte, wie er zu einem „dritten Entwurf“ von EuL kommen könnte. Die vermehrten Korrekturen des letzten Kapitels sind dieser Deutung nach der Ausdruck einer gesteigerten Unsicherheit Ebners, die er angesichts der nicht mehr weiter aufrechtzuerhaltenden gedanklichen Stringenz des Werkes bekam und die zu einem für ihn unbefriedigenden Schluss führte.

Die Druckfahnen zu EuL bestehen aus 414, ca. 14 x 18 cm großen Seiten, die auf zwei in Karton eingebundene Bände aufgeteilt sind. Der gesetzte Text ist mit Korrekturen in Bleistift und den erwähnten An- bzw. Durchstreichungen in Buntstift versehen. Auf der ersten Seite des ersten Bandes findet sich eine handschriftliche Bemerkung Hildegard Jones mit folgendem Wortlaut:

Die in den Druckfahnen durchstrichenen Stellen – im Manuskript stehen sie selbstredend unangetastet da – können eventuell ausgelassen werden bei einer Herausgabe von „Ethik u. Leben“, weil sie, durch Wiederholung u. Substanz, das Werk möglicherweise etwas beschweren.
Die angestrichenen Stellen ergeben, in loser Aneinanderreihung, eine brauchbare Aphorismen-Auswahl, die selbständig erscheinen könnte.
Weitere Angabe für die Drucklegung, Vorwort u.s.w., sind in meiner Hand Hildegard Jone Aug. 1938

Aufgrund des Datums hat Jone diese Bemerkung zu einem Zeitpunkt den Druckfahnen hinzugefügt, als bereits feststand, dass es zu keinem Druck im Pustet-Verlag kommen wird. Daher dürfte Jone die Zeilen für eine zukünftige Drucklegung verfasst haben. Im Erwerbsakt des FIBA befindet sich ein von Walter Ebner 1950 bzw. 1959 verfasstes Verzeichnis des schriftlichen Nachlasses seines Vaters, in dem erwähnt wird, dass es 2 Exemplare der Druckfahnen von EuL gibt, wobei eine von Jone, die andere von Theodor Steinbüchel korrigiert ist und beide sich im Besitz von Ebners Sohn Walter befinden (vgl. a. Gernot Dirk Evers: Sittlichkeit im Wort-Feld der Begegnung. Regensburg: Pustet, 1979, S. 214). Im Nachlassteil Walter Ebners, der 1987 über einen Leihvertrag vom FIBA übernommen wurde und mit dem Tod Walter Ebners 1998 in den Besitz des FIBA überging, haben sich allerdings die Druckfahnen mit den Korrekturen Steinbüchels nicht erhalten.

In dem Verzeichnis Walter Ebners werden auch das Manuskript von EuL und Hildegard Jone als dessen „Inhaberin“ angegeben. Aus den späten 60er Jahren datiert eine von Seyr zusammengestellte Übersicht über den inzwischen in seine Hände gelangten Nachlassteil Ebners aus dem Nachlass Hildegard Jones. Darin wird das Manuskript ebenfalls erwähnt und zusätzlich die Korrespondenz zwischen Jone und dem Pustet-Verlag inklusive des Briefes von Theodor Steinbüchel an Jone, in der dieser seine Ablehnung des Druckes von EuL begründet. Berücksichtigt man, dass Jone das Manuskript vom Pustet-Verlag im Sommer 1937 zurückerhalten hatte (vgl. Jone an Pustet (Entwurf) [25.8.1937]) und die Druckfahnen auf unbekannte Weise Walter Ebner zukamen, dann stellt sich die Überlieferung so dar: als Seyr Ende der 50er Jahre begann, an seiner Werkausgabe zu arbeiten, konnte er – aus welchen Gründen auch immer – weder von Jone noch von Walter Ebner die Existenz des Manuskriptes in Erfahrung bringen. Deshalb meldet er im zweiten Band das Manuskript noch als „verschollen“ (Seyr II, S. 1131). Nach dem Tod Jones 1963 dürften sich ihre Erben an Seyr gewandt und ihm den Jone-Nachlassteil übergeben haben, sodass Seyr im dritten Band den Fund des Manuskriptes bekanntgeben konnte. Als es Ende der 60er Jahre auf Initiative von Seyr und dem damaligen Leiter des FIBA, Walter Methlagl, darum ging, die verschiedenen Nachlassteile Ebners zusammenzuführen, gelangte das Manuskript von EuL zusammen mit dem gesamten Jone-Nachlassteil schließlich an das FIBA. Die Druckfahnen kamen erst 1987 über den erwähnten Leihvertrag mit dem Nachlassteil Walter Ebners an das FIBA. Offen muss bei dieser Rekonstruktion bleiben, warum sowohl Johann Schelkshorn als auch Jaroslaw Jagiello in ihren Arbeiten, in denen EuL ausführlich rezipiert wird, schreiben, dass das Manuskript des Werkes verschollen sei und ihre Textgrundlage die Druckfahnen waren (vgl. Jaroslaw Jagiello: Vom ethischen Idealismus zum kritischen Sprachdenken. München: Don Bosco, 1997, S. 21; Gernot Dirk Evers: Sittlichkeit im Wort-Feld der Begegnung. Regensburg: Pustet, 1979, S. 214).


4.3. Versuch eines Ausblicks in die Zukunft

Abkürzung: VAZ

4.3.1. Einführung

Die Niederschrift von Der Versuch eines Ausblicks in die Zukunft wurde von Ebner zu einem Zeitpunkt ins Auge gefasst, als er eigentlich schon mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit abgeschlossen hatte. Die immer wieder in Gedanken auftauchende Beschäftigung mit seinem Hauptwerk WgR ließen ihn aber Anfang 1929 zum Entschluss kommen, eine Überarbeitung anzugehen und die Mängel des Buches in einem zweiten Versuch zu beseitigen ohne den Grundgedanken, an dem er nach wie vor festhielt, preiszugeben. Die Arbeiten gingen zunächst zügig voran, gerieten aber im Laufe des Jahres ins Stocken und im Herbst musste er Hildegard Jone gegenüber zugeben, dass er sein Vorhaben nicht beenden kann. VAZ blieb ein Torso und wurde erst in der Ausgabe Schriften von F. Seyr 1963 veröffentlicht. Die besondere Leistung Seyrs dabei war, dass es keine Reinschrift des gesamten Textes gibt und es ein mühsames Puzzle war, die einzelnen Teile zusammen zu bringen. Zudem sind die Manuskripte von VAZ mit Abstand diejenigen mit den meisten Korrekturen und Ergänzungen, die deshalb jeden Herausgeber herausfordern. Das mussten auch die Mitarbeiter an der vorliegenden Neuausgabe zur Kenntnis nehmen und nach zweimaligem Versuch aufgrund begrenzter Ressourcen die Arbeiten abbrechen und auf später verschieben. Als Reaktion darauf gab es nur die beiden Möglichkeiten, den Text vorerst gänzlich wegzulassen oder die Fassung von Seyr zu verwenden. Aufgrund des Stellenwertes des Textes wurde die zweite Option gewählt.

Die vielen Überarbeitungen zeigen, dass Ebner schwer mit dem Text zu kämpfen hatte, wahrscheinlich deshalb, weil er einen sehr hohen Anspruch an ihn stellte, sollte er doch sein neues Hauptwerk werden. Der Abbruch kann somit als Folge der Anforderungen verstanden werden, deren Realisierung ab einem bestimmten Zeitpunkt zu viel Kraft kosteten. Eine andere Möglichkeit ist, dass das Scheitern auch mit einer Unzufriedenheit mit dem Inhalt zu tun hat. VAZ ist nämlich über weite Strecken eine Wiederholung dessen, was in WgR bereits formuliert wurde, und bietet bis auf wenige Ausnahmen nichts grundsätzlich Neues. Das heißt nicht, dass Ebner einfach abschreibt, sondern dass er das in den 10 Jahren dazwischen Gelesene und Erlebte in die Argumentation von WgR einbaut. Dadurch hebt sich das Werk von den Brenner-Aufsätzen ab, die davor erschienen sind. Während darin der dialogische Grundgedanke ausschließlich aus dem Glauben an Christus gewonnen wird, verfolgt Ebner diesen Weg in VAZ nicht weiter, sondern bricht ihn ab und kehrt zu WgR zurück, indem er die Pneumatologie mit philosophischen und wissenschaftlichen Gedanken begründet, die zwar zum Glauben hinführen sollen, zu deren Einsicht der Glaube aber nicht vorausgesetzt werden muss. Im Hinblick auf das folgende Werk Wort und Liebe - das letzte, das Ebner vor seinem Tod schrieb - erscheint VAZ hingegen als ein Durchgangspunkt, eine Zwischenstation eines Denkweges, der von den Brenner-Aufsätzen genau in die entgegengesetzte Richtung führt. Es kommt in WuL zumindest ansatzweise zu einer Rehabilitation jener geistigen Fähigkeiten und Phänomene, die Ebner in WgR und damit auch in VAZ noch heftig bekämpfte und als Träume vom Geist ablehnte. Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Kultur, Schönheit oder das Genie sind nicht mehr die Hindernisse, die den Menschen von der Einsicht in seine dialogische Verfasstheit und von Gott abhalten, sondern sie können unter bestimmten Rücksichten auch Brücken sein, die den Menschen zur Verwirklichung seines personalen Wesens helfen. So gesehen scheint der Abbruch der Arbeiten an VAZ der Ausdruck einer wachsenden Unruhe bei Ebner gewesen zu sein, der während der Niederschrift bemerkte, dass seine Gedanken schon über das geplante Vorhaben hinaus und darin nicht mehr sinnvoll unterzubringen sind.

4.3.2. Zur Überlieferung

Wie erwähnt gibt die Online Edition den Text der Seyr-Ausgabe wieder, so wie er im Ersten Band der Schriften veröffentlicht wurde. Die Seitenzahlen sind daher die Seitenzahlen dieser Ausgabe. Weggelassen wurden die textkritischen Zeichen, mit denen Seyr fehlende Passagen markiert hat, die er mit Hilfe anderer Quellen rekonstruierte. Die vorliegende Fassung ist also eine Leseausgabe, die nicht von Ebner autorisiert wurde und von der unbekannt ist, inwieweit sie tatsächlich mit dem Quellenmaterial übereinstimmt.

Zusammengefasst sind im Nachlass folgende Quellen erhalten:

  1. Notizen in dem Band Aphorismen 1924-1931, z.T. in Gabelsberger Kurzschrift verfasst.
  2. Aufzeichnungen in einem Heft mit dem Titel „Notizen zum Sprachproblem“ (1926-1929).
  3. Ein auf 3 Hefte verteilter, korrigierter Entwurf mit dem Titel „Entwurf zu einer Umarbeitung der Pneumatologie“, versehen mit einer Inhaltsangabe von Hildegard Jone.
  4. Das Vorwort in Form einer Abschrift von Ebners Sohn Walter Ebner.
  5. Ein Heft mit einem unvollständigen, korrigierten Entwurf der Einleitung.
  6. Ein Heft mit der korrigierten Reinschrift des Kapitels „Die geistige Bedeutung der Sprache“.
  7. Ein Heft mit der Reinschrift des Kapitels „Zur Grammatik der Existentialaussage“.

Bedingt durch die geschilderte, komplexe Überlieferungssituation muss die Veröffentlichung der Quellen auf zukünftige Versionen der Online-Edition verschoben werden.


4.2.4. Golgotha (1903-1904)

4.4.1. Einführung

Aus den zahlreichen Gedichten, die Ebner zwischen 1896 und 1907 verfasste, sticht das Gedicht Golgotha insofern hervor, als es Ebners Übergang vom Dichter zum philosophischen Denker markiert. Das Gedicht, das unter dem Eindruck des Todes des eigenen Vaters im September 1903 entstand und das angespannte Verhältnis zu diesem selbstkritisch beleuchtet, wird zugleich auch zu einer Besinnung auf die bisher geübte Tätigkeit des Dichtens. Diese wird von Ebner als eine der Tragweite des Ereignisses nicht gerecht werdende begriffen und zunehmend in Frage gestellt. Das in mehreren Fassungen vorliegende Gedicht zeigt das Ringen Ebners um seine Existenz als Dichter, das mit dem Aufgeben der sogenannten „poetischen Periode“ und der Hinwendung zur Philosophie und hier insbesondere zur Ethik endet.

4.4.2. Zur Überlieferung

Insgesamt ist das Gedicht Golgotha in vier Fassungen überliefert. Die vorliegende ist die Urfassung, die zwischen September 1903 und Anfang 1904 entstanden ist. Erhalten ist sie auf einem in der Mitte gefalteten Blatt, dessen Hälften auf beiden Seiten beschrieben sind. Die später bei der Aufnahme des Nachlasses eingefügten Seitenzahlen zählen nicht die Seiten, sondern die Blatthälften. Um eine Faksimile-Darstellung zu ermöglichen wird als Kompromiss eine recto-verso Seitenzählung angewendet.

Die drei späteren Fassungen sind in Mappen von Gedichten enthalten, die letzte in einer mit der Aufschrift „Gedichte. 1903–1907. Waldegg, Ende August 1907“.


4.5. Wort und Liebe

Abkürzung: WuL

4.5.1. Einführung

Wort und Liebe ist das letzte überlieferte Werk Ferdinand Ebners und, wenn man den Aufzeichnungen trauen kann, auch tatsächlich das letzte Werk, das Ebner verfasst hat. Ebner hat den Text in der ersten Hälfte des Jahres 1931 geschrieben und verstarb im Herbst darauf, am 17.10.1931. WuL dokumentiert somit den Stand des Ebnerschen Denkens, an dem sich bis zu seinem Tod nichts mehr nachweislich verändert hat. Das war möglicherweise auch ein Grund, warum WuL in den posthum entworfenen Editionsplänen eine hohe Priorität eingenommen hat. In der ersten Veröffentlichung von Werken Ebners durch die für ihn in den Jahren vor dem Tod so wichtige Dichterin Hildegard Jone war WuL das erste und dann auch einzige Werk, das im Pustet Verlag 1935 erschien. Ein zweiter Grund mag der Inhalt gewesen sein, der im Vergleich zu den davor verfassten Schriften und insbesondere zu WgR eine Dynamik erkennen lässt, die Ebners Denken in eine neue Richtung führt. Am Ende seines Lebens scheint Ebner gewillt gewesen zu sein, die Reduktion des Menschen auf den im Wort stattfindenden Dialog zwischen ihm und Gott bzw. den Menschen untereinander zwar nicht aufzugeben, aber doch zu öffnen hin zu der Einbeziehung von Entitäten, die bisher kategorisch von ihm ausgeschlossen wurden. Natur, Kunst, Sexualität, Philosophie und Wissenschaft werden von ihm deutlich anders bewertet als es im Hauptwerk und in den in den 20er Jahren verfassten Aufsätzen für die Tiroler Avantgarde-Zeitschrift Der Brenner der Fall ist. WuL präsentiert sich so als ein Werk des Übergangs, das neugierig macht, wie Ebner die neuen und unvermittelt neben den alten stehenbleibenden Ansätze weiter zu vermitteln versucht hätte, eine Neugierde, die Ebner selbst nicht mehr befriedigen konnte und daher die sich mit ihm Beschäftigenden dazu aufruft, sein Werk weiterzudenken. Die vorliegende Neuausgabe von WuL versucht mit einem erstmals erstellten, umfangreichen Kommentar die Basis für ein solches Denken zu legen.

WuL ist nicht nur in Bezug auf den Inhalt ambivalent, es lässt sich auch in Bezug auf die Textform nicht eindeutig einordnen. Dies zeigt sich bereits am Titel, der den überlieferten Quellen nach nicht von Ebner selbst stammt, sondern dem Werk nach seinem Tod von Jone verliehen wurde. In Ebners Aufzeichnungen wird das Werk schlicht „Aphorismen“ genannt. Der Titel gibt wieder, dass Ebner seine Gedanken nicht in einem fortlaufenden Text miteinander verbindet, sondern sie in mehr oder weniger kurze Absätze, eben Aphorismen, packt und aufteilt. Damit gleicht der Text den anderen Aphorismenbänden, die Ebner neben den Tagebüchern und den philosophischen Werken verfasst hat. Das mag der Grund gewesen sein, warum WuL in der Nachlassordnung des FIBA unter die Aphorismen aufgenommen wurde. Umgekehrt gibt es aber gravierende Unterschiede zu den Aphorismenbänden, die wiederum eine Zuordnung zu den philosophischen Werken nahelegen und die Titelvergabe „Wort und Liebe“ durch Jone rechtfertigen. Da ist zum einen die fehlende Gliederung mit mehr oder weniger groben Datumsangaben (etwa „April 1915“), die die Aphorismenbände Ebners ansonsten haben. Stattdessen hat WuL einzelne Kapitel, die zwar möglicherweise auch von Jone stammen, die aber unabhängig davon sowohl dem Aufbau des Textes als auch dem Inhalt entsprechen. Es ist damit gleich gegliedert wie Ebners philosophische Werke. Was für den Inhalt der Kapitel gilt, gilt auch für das gesamte Werk: Es besitzt in der Verbindung von Wort und Liebe einen zentralen Gedanken, der sich durchzieht und in den Kapiteln den Überschriften entsprechend variiert ausformuliert wird. Im Nachwort 1931 bringt Ebner diesen Leitgedanken mit einem Satz auf den Punkt, an dem sich Jone bei der Titelvergabe orientiert haben mag: „Die Realität des geistigen Lebens ist im Wort und in der Liebe“.

Auch die erwähnte und in allen Kapiteln wahrnehmbare Tendenz Ebners, seinen bisherigen Ansatz zu erweitern und durch neue Aspekte zu ergänzen, trägt zur Einheitlichkeit des Textes bei. Schließlich ist die Ambivalenz der Textform auch in der Ausgabe Seyrs bemerkbar: Seyr hat auf den Titel „Wort und Liebe“ überhaupt verzichtet und die Schrift „Aphorismen 1931“ genannt - wahrscheinlich um darauf aufmerksam zu machen, dass der Titel nicht „original“ ist -, sie aber dennoch nicht im Zweiten Band veröffentlicht, in dem er alle anderen Aphorismenbände publiziert hat, sondern so wie die philosophischen Werke im Ersten Band. Vor die Herausforderung gestellt, das Werk zuordnen zu müssen, haben sich die Herausgeber entschlossen, dieser Zuordnung Seyrs zu folgen und WuL in der Druckfassung als philosophisches Werk erscheinen zu lassen - konsequent mit dem von Jone vergebenen Titel. Um die Ambivalenz sichtbar zu machen, wird die elektronische Version unter die Aphorismen gereiht werden.

4.5.2. Zur Überlieferung

Im Nachlass Ferdinand Ebners am FIBA hat sich Wort und Liebe in folgenden fünf Versionen erhalten:

  1. Ein Manuskript mit der Reinschrift des Textes, entstanden zwischen frühestens 24.4. und 18.6.1931 (laut handschriftlichem Vermerk von unbekannter Hand am oberen, rechten Rand des ersten Blattes). Es umfasst 120 Seiten und ist in einem fest gebundenen Notizheft enthalten. Der auf dem ersten Blatt angegebene Titel lautet: „Ferdinand Ebner. Wort und Liebe. Aphorismen“. Am unteren Ende findet sich der Zusatz: „Manuskript von F. Ebner“. Ab Seite 114 findet sich das Nachwort 1931, das Ebner als späte Replik auf das Fragment aus dem Jahr 1916 dem Manuskript hinzugefügt hat.
  2. Ein Manuskript mit einer Abschrift von Hildegard Jone, verfasst mit unbekanntem Entstehungsdatum in einem nicht durchnummerierten, fest gebundenen Schulheft. Auf der Frontseite des Einbandes findet sich der Titel „Handabschrift v. H. Jone. Wort und Liebe“.
  3. Ein in Gabelsberger Kurzschrift gehaltener Entwurf, der sich im Tagebuch 1923-1931 auf den Seiten 68 bis 75 befindet. Eingefügt sind die Aphorismen zwischen den Einträgen vom 25.4. und 27.4.1931.
  4. Ein ebenfalls in Gabelsberger Kurzschrift verfasster Entwurf, bestehend aus einer Reihe von Aphorismen, die im Notizkalender 1931 ohne nähere Datumsangaben am Ende unter der Rubrik „Anmerkungen“ notiert sind.
  5. 3 Hefte der Zeitschrift Die Schildgenossen, erschienen 1933, mit von Hildegard Jone zusammengestellten Auszügen aus WuL.

Dazu kommt ein von Seyr im Anhang seiner Ausgabe genanntes „Notizheft“ (Seyr I, S. 1066f), das ebenso wie das Tagebuch 1923-1931 stenographische Notizen zu WuL enthalten soll, Seyr zufolge der Zahl nach mehr als im Tagebuch. Im Nachlass hat sich dieses Notizheft nicht erhalten.

Das Manuskript mit der Reinschrift weist einige Besonderheiten auf, die für die Rekonstruktion der Entstehung von WuL relevant sind. Der Großteil des Textes ist mit schwarzer Tinte und von einer Hand geschrieben, die sich problemlos als jene Ebners identifizieren lässt. Daneben gibt es aber Einträge mit Bleistift, deren Herkunft weniger klar ist. Die Kapitelüberschriften etwa sind nicht eindeutig Ebner zuzuordnen, sie könnten der Schrift nach auch von Jone stammen. Sicher von Jone sind immer wieder am Rand getätigte Bemerkungen, die festhalten, was mit einer Passage geschehen soll. Offenbar hat Jone im Vorfeld der Erstveröffentlichung eine Auswahl getroffen, welche Aphorismen im Druck erscheinen sollen und welche nicht. Den Anmerkungen zufolge hielt Jone viele der politisch-weltanschaulich „pointierten“ Äußerungen Ebners für zu brisant, um Mitte der Dreißigerjahre veröffentlicht werden zu können. So notiert sie zu einem Aphorismus, in dem Ebner den Sieg im deutsch-französischem Krieg als das größte Unglück des deutschen Volkes bezeichnet: „Wurde 1935 nicht zu setzen gewagt. Möge nachgeholt werden“. Das lässt vermuten, dass auch die auffallenden Schwärzungen, die das Manuskript vermehrt im hinteren Teil aufweist, von ihr stammen. Soweit sie rekonstruiert werden konnten, macht in der Regel ihr Inhalt verständlich, warum Jone nicht wollte, dass die Stellen gelesen werden. Im Kapitel „Unsere Zeit“ etwa lautet der geschwärzte letzte Satz eines Aphorismus zum Thema Radikalisierung der Studenten: „So freilich will es ihr Führer. Im Zeichen des Hakenkreuzes wirst du deutsch verlernen und untergehen.“

Eine weitere Besonderheit ist, dass viele Seiten des Manuskriptes fehlen und nur die Seitenreste mehr vorhanden sind. Zudem gibt es Seiten, auf denen Aphorismen aufgeklebt wurden, hier und da auch auf der Rückseite eines Blattes, obwohl die Blätter ansonsten nur einseitig, auf der Vorderseite, beschrieben sind. Nicht auf- sondern eingeklebt ist die ganze erste Seite mit der Titelangabe „Wort und Liebe“. Das und der Zusatz „Manuskript von F. Ebner“ sprechen dafür, dass die Seite nicht von Ebner beschrieben wurde und daher auch der Titel nicht von ihm stammt. Insgesamt stellt sich die Frage, wer die Seiten herausgeschnitten hat, einzelne Aphorismen aus diesen Seiten herausgenommen und wer sie schließlich wieder eingeklebt hat. Nahe liegend ist es anzunehmen, dass Jone für diese Maßnahmen verantwortlich ist. Das stärkste Argument dafür ist das Heft mit Jones Abschrift. Hier gibt es keinen Zweifel, dass sie die Autorin ist und die Art und Weise, wie dieses Heft bearbeitet ist, gleicht stark derjenigen, die im Manuskript verfolgt wurde. Der ganze Text ist wie das Manuskript in schwarzer Tinte geschrieben und die Schwärzungen, die es auch hier gibt, sind ebenfalls mit schwarzer Tinte vorgenommen - was dafür spricht, dass Jone auch die Schwärzungen im Manuskript vorgenommen hat. Weiters gibt es auch in der Abschrift herausgeschnittene Seiten bzw. Teile von Seiten und ebenso die Methode, ausgeschnittene Textteile wieder einzukleben.

Rudimentäre, aber wichtige Auskunft über die Entstehung von WuL gibt das Tagebuch 1923-1931. Am 27.4.1931 notiert Ebner das erste Mal, dass er an „Aphorismen“ schreibt und zwar im Anschluss an den in Gabelsberger Kurzschrift gehaltenen Entwurf. Am 8.5. berichtet er von der Fertigstellung der Reinschrift und am 18.5. von der des 20-seitigen Nachtrags. Am 16.6. erwähnt er noch die Überarbeitung des Fragmentes aus dem Jahre 1916 und das „Nachwort dazu“ (Tgb 1923–1931, 16.6.1931). Eine Woche später gibt es den letzten Eintrag im Tagebuch und damit auch die letzte schriftliche Äußerung von Ebner.

Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass das Manuskript mit der Reinschrift parallel zum Entwurf im Tagebuch entstanden ist, plausibler ist aber, dass dies danach passiert ist. Gleiches gilt für die übrigen Entwürfe: obwohl ihre Entstehungszeit im Notizheft und im Notizkalender aufgrund fehlender Datumsangaben nicht genauer bestimmt werden kann, ist anzunehmen, dass sie vorlagen, bevor Ebner sich an die Reinschrift machte. Demnach ist die Reinschrift zwischen dem 27.4. und dem 8.5. verfasst worden - entsprechend dem Entstehungsdatum auf der ersten Seite des Manuskriptes. Danach dürfte Ebner noch einmal seine Notizen durchgegangen sein und die vorliegende Reinschrift als ergänzungsbedürftig angesehen haben. Es erfolgte daher zwischen 8.5. und 18.5. der Nachtrag. Aus dem Tagebuch geht hervor, dass Ebner beunruhigt war über seinen ihm unerklärlichen körperlichen Verfall. Dies mag ihn motiviert haben, ein abschließendes Wort zu finden. Dazu passend schien ihm das Fragment aus dem Jahre 1916, das den Beginn seiner „pneumatologischen Periode“ markiert und mit dem Nachwort 1931 die in der Zwischenzeit eingetretenen Veränderungen gegenüber dem vor Jahren Gedachten prägnant festhalten sollte. Die Fertigstellung am 16.6. zeigt, dass das im Manuskript angegebene Datum „18.6.“ falsch und die gesamte Reinschrift zwischen dem 27.4. und 16.6. verfasst worden ist.

Zusammenfassend ist die Entstehung von WuL in folgenden zwei Textstufen vor sich gegangen:

  • 1. Textstufe: Drei Entwürfe, die Ebner in Gabelsberger Kurzschrift in einem nicht erhaltenen Notizheft und im Tagebuch 1923-1931 niederschrieb, sowie in Kurrentschrift in dem Notizkalender 1931.
  • 2. Textstufe: Die Reinschrift im Manuskript, in der Ebner seine Entwürfe in einem einzigen Text zusammengefasst hat.

Das Manuskript mit der Reinschrift wurde, wahrscheinlich nach dem Tod von Ebner, von Hildegard Jone übernommen und bearbeitet. Dabei wurde von ihr auf die beschriebenen Weisen massiv in den Text eingegriffen, entweder aus dem Grund, dass der Inhalt zu problematisch war oder dass entweder der Inhalt oder die Anordnung ihrem Plan für die Druckausgabe nicht entsprachen. Im Zuge dieser Arbeiten wurden auch die Kapitelüberschriften von ihr vergeben. Nach der Bearbeitung des Manuskriptes verfasste Jone die Abschrift, um eine saubere Vorlage für die Druckausgaben zu haben. Mit dem Ergebnis scheint sie wieder nicht ganz zufrieden gewesen zu sein, so dass sie auch hier Änderungen mit der gleichen Methode vornahm. Dieser Ablauf erklärt, warum es sowohl in der Abschrift als auch in der späteren Druckausgabe einige wenige Passagen gibt, die im überlieferten Manuskript von Ebner nicht aufscheinen: Jone hat sie zunächst aus dem Manuskript entfernt, dann Teile davon in ihre Abschrift wieder eingebaut und zuletzt Teile, die sie in der Abschrift wegließ, in die Druckausgabe aufgenommen. Zwischen der Abschrift und der Erstveröffentlichung 1935 hat Jone 1933 Auszüge aus der Abschrift und der Reinschrift in der katholischen Zeitschrift Die Schildgenossen veröffentlicht - möglicherweise auch, um die Leser neugierig auf das zukünftige Buch zu machen. Die Anordnung und Reihenfolge dieser Auszüge entsprechen dabei weder der Abschrift noch der Reinschrift, im Unterschied zur Ausgabe 1935 gibt es aber keine Stellen, die nicht in den beiden Vorlagen enthalten sind. Der Ausgabe 1935 hat Jone dann zwar den Titel „Wort und Liebe“ gegeben, sie hat sie aber zusätzlich unter dem Namen „Wort und Leben“ um eine Reihe von Aphorismen ergänzt, die sie - wie sie im Vorwort schreibt - „aus den ‚objektiven Tagebüchern‘“ entnommen hat und die „mir so lieb geworden [ist], daß ich sie seinen [d.i. Ebners, Anm.d.Hrsg.] Lesern nicht vorenthalten […] möchte“ (Ferdinand Ebner: Wort und Liebe. Hrsg. v. Hildegard Jone. Regensburg: Pustet, 1935, S. 23). Unter den „objektiven Tagebüchern“ sind dabei im Wesentlichen 3 Aphorismenbände zu verstehen, die Ebner zwischen 1920 und 1931 geschrieben hat und die im Nachlass mit Widmungen und zahlreichen Streichungen von Jone erhalten sind.

Im Zuge der Erstellung der Texte für seine Werkausgabe hat Seyr bemerkt, dass die im Manuskript fehlenden Passagen nur zum Teil in den von Jone bearbeiteten Vorlagen zu finden sind und der Rest in dem von ihm genannten „stenographischen Konzept“ enthalten ist, bestehend aus den Einträgen im Tagebuch 1923-1931 und im verschollenen Notizheft. Diesen Rest hat er in seine Ausgabe aufgenommen und dafür so argumentiert: „Die Berechtigung zu dieser Ergänzung ergibt sich aus dem Umstand, daß die Reinschrift an den vergleichbaren Stellen fast überall genau mit dem Konzept übereinstimmt. Nur einige Aphorismen, deren Wortlaut sich nicht mit genügender Sicherheit herstellen ließ, wurden in dieser Ausgabe weggelassen“ (Seyr I, S. 1067). Daraus ist zu entnehmen, dass das verloren gegangene Notizheft einerseits aus Aphorismen bestand, die Seyr in der Reinschrift des Manuskriptes wiederfand, dann aus Aphorismen, die er im Manuskript nicht fand - wahrscheinlich weil sie auf den herausgeschnittenen Seiten standen - und drittens aus solchen, die Seyr nicht lesen konnte.

Die Ausgabe von Seyr war die dritte Veröffentlichung von WuL. Der Übersicht wegen seien hier abschließend sämtliche bisher erschienenen Druckausgaben aufgelistet:

  1. Ferdinand Ebner: Wort und Liebe. Aus dem Nachlasse Ferdinand Ebners. In: Die Schildgenossen. Hrsg. v. Romano Guardini u.a. Würzburg: Werkbund-Verlag, 1920–1941, Jg. 13, H1, S. 27-37; 13, H2, S. 109-127; 13, H3, S. 209-211.
  2. Ferdinand Ebner: Wort und Liebe. In: Wort und Liebe. Hrsg. v. Hildegard Jone. Regensburg: Pustet, 1935, S. 189-291.
  3. Ferdinand Ebner: Aphorismen 1931. „Wort und Liebe“. In: Seyr I, S. 909-1013.
  4. Ferdinand Ebner: Parola e Amore. Dal Diario 1916–1917. Aforismi 1931. Hrsg. v. Edda Ducci u. Piero Rossano. Mailand: Rusconi, 1983.


4.6. Aphorismen 1915-1917

Abkürzung: Aph 1915-1917

4.6.1. Einführung

Aph 1915-1917 ist jener Aphorismenband, dessen Notizen sich noch um die Themen von EuL drehen. Der Band, der später entstanden ist als die überlieferte Reinschrift von EuL, zeigt, dass Ebner auch nach 1914 weiter über die Möglichkeiten einer Metaphysik des Lebens und über das Verhältnis von Ethik und Naturwissenschaft nachgedacht hat, ohne dass dieses weitere Nachdenken die von ihm angestrebte Überarbeitung von EuL brachte. Aph 1915-1917 sind also ein Nachklang auf EuL und weisen nur an einigen Stellen in Form von sprachphilosophischen Erörterungen auf den Beginn einer neuen, „pneumatologischen“ Phase in Ebners Denken hin, die zu WgR und der Dialogphilosophie führen wird.

4.6.2. Zur Überlieferung

Aph 1915-1917 (01.1915 – 24.12.1917) ist der sechste (gezählt nach der Nachlassordnung) von insgesamt 14 Aphorismenbänden, die zwischen 1905 und 1931 entstanden sind. Er ist in Form eines großformatigen (19 x 24 cm), schwarzen Schulheftes überliefert. Von den 116 Seiten nehmen die Aphorismen 80 Seiten ein, der Rest besteht aus Briefentwürfen und Analysen von Träumen (etwa von Josef Matthias Hauers „Wassertraum“). In der vorliegenden Version der Digitalen Edition sind nur die Aphorismen wiedergegeben. Diese lassen sich zur Gänze der Hand Ebners zuordnen, auch die zahlreichen Einfügungen sind von Ebner getätigt worden. Im Unterschied zu der Ausgabe von F. Seyr aus dem Jahr 1963 werden die Aphorismen hier zum ersten Mal vollständig veröffentlicht.


4.7. Tagebuch 1916

Abkürzung: Tgb 1916

4.7.1. Einführung

Das Tagebuch 1916 ist das erste der drei, im Zeitraum zwischen 1916 und 1918 entstandenen, Tagebücher, in denen sich Ferdinand Ebner gedanklich auf sein Hauptwerk Das Wort und die geistigen Realitäten vorbereitet. Es markiert einen Wendepunkt in Ebners geistiger Entwicklung, die ihn wegführt von dem Idealismus und der Lebensphilosophie früherer Jahre und ihn langsam annähert an ein dialogisches Verständnis des Menschen.

4.7.2. Zur Überlieferung

Von den 23 Tagebüchern, die Ebner zwischen 1900 und 1931 geschrieben hat, ist Tgb 1916 (30.1.1916 – 7.1.1917) das Fünfzehnte (Zählung gemäß der Nachlassordnung). Es ist im Nachlass am FIBA vollständig in einem 202 Seiten starken Schulheft überliefert und trägt den eigenhändigen Titel „Ferdinand Ebner, Tagebuch 1916–1917, enthält auch Aphorismen“. Überarbeitungen und Korrekturen im Text sind, bis auf wenige Ausnahmen, die mit Bleistift in Gabelsberger Kurzschrift vorgenommen wurden, in derselben Hand und mit derselben Tinte geschrieben, sodass sie mit hoher Sicherheit Ebner zugeordnet werden können. Der Text des Tagebuchs, der 1963 im zweiten Band der Seyr-Ausgabe auszugsweise veröffentlicht wurde, wird in der vorliegenden Ausgabe erstmals in ungekürzter Form präsentiert.


4.8. Tagebuch 1917

Abkürzung: Tgb 1917

4.8.1. Einführung

Tgb 1917 ist das zweite Tagebuch, das Ebner im Vorfeld seines Hauptwerkes Das Wort und die geistigen Realitäten verfasst hat. Und obwohl sich wie im Tgb 1916 die Hinwendung zur Sprache und zur Person gedanklich vertieft, zeigt dieses Tagebuch eine stärkere „subjektive“ Note. D.h. Ebner entwickelt den dialogischen Grundgedanken mehr aus einer Analyse seiner Erlebnisse heraus und weniger wie zuvor aus einer Auseinandersetzung mit den geistigen und welthistorischen Strömungen/Ereignissen seiner Zeit.

4.8.2. Zur Überlieferung

Das Tagebuch 1917 (7.1.1917 – 19.12.1917) ist das sechszehnte der insgesamt 23 Tagebücher (Zählung nach der Nachlassordnung), die Ebner zwischen 1900 und 1931 geschrieben hat. Es ist im Nachlass vollständig in einem 200 Seiten starken Schulheft überliefert und trägt auf dem ersten Deckblatt am Umschlag den eigenhändigen Titel „Ferdinand Ebner Tagebuch u. Aphorismen 1917“, auf dem zweiten den Titel „Tagebuch vom 7. Jänner bis 19. Dezember 1917“. Die wenigen Überarbeitungen und Korrekturen im Text sind in derselben Hand und mit derselben Tinte geschrieben, sodass sie mit hoher Sicherheit Ebner zugeordnet werden können. Der Text des Tagebuchs, der 1963 im zweiten Band der Seyr-Ausgabe auszugsweise veröffentlicht wurde, wird im vorliegenden Band erstmals ungekürzt publiziert.


4.9. Tagebuch 1918

Abkürzung: Tgb 1918

4.9.1. Einführung

Das Tagebuch 1918 ist das letzte von insgesamt drei Tagebüchern, das Ferdinand Ebner verfasste, bevor er sich an die Niederschrift von WgR machte. In allen diesen Tagebüchern sind Aufzeichnungen vorhanden, die Ebner als „Material“ für sein Hauptwerk sammelte und in dieses einbaute. Dabei ist auffallend, dass jedes Tagebuch ziemlich genau ein Jahr umfasst und sich in seinem Inhalt von den anderen Tagebüchern unterscheidet.

Das spezielle am Tgb 1918 besteht im Wesentlichen in drei Punkten: erstens ist es von den drei Tagebüchern jenes, in dem die Vorarbeiten zu dem Hauptwerk am weitesten fortgeschritten sind. Ebner kommt mit seinen Überlegungen an einen Punkt, an dem er sich die Frage stellen muss, ob der Umfang des in den Tagebüchern und den begleitenden Aphorismenbänden angesammelten „Materials“ nicht so groß ist, dass er das Wagnis eingehen soll, dieses in einem größeren Werk geschlossen zu präsentieren. Anfang Dezember 1918 ist es soweit und Ebner startet mit den Arbeiten an seinem Hauptwerk, in das er viele Passagen aus dem Tagebuch nahezu wortgleich übernimmt.

Zweitens lässt sich im Tgb 1918 ein inhaltlicher Schwerpunkt ausmachen, der die Auseinandersetzung mit der Musiktheorie Josef Matthias Hauers betrifft. Als Freund hatte Ebner regen Anteil an Hauers Entwicklung einer Variante der Zwölftonmusik genommen und in den zahlreichen Gesprächen darüber Hauer wertvolle Anregungen gegeben, die dieser in den im selben Jahr erschienen Aufsatz Über die Klangfarbe aufnahm. Begleitend zu diesen Gesprächen gibt es im Frühjahr 1918 eine Reihe von Tagebucheinträgen, in denen Ebner Argumente zu finden versucht, warum Hauers Musik trotz ihres neuen Ansatzes und ihrer Eigenständigkeit ebenso wie die „klassische“, tonale Musik ein „Traum vom Geist“ ist, der gegenüber den „geistigen Realitäten“ von Ich und Du eine verfehlte Existenzform markiert. Die Dauer der Auseinandersetzung zeigt, wie schwer sich Ebner dabei getan hat, eine für ihn befriedigende Lösung dieses Problems zu finden.

Die dritte Auffälligkeit betrifft das zunehmende politische Interesse, das Ebner ungefähr ab September 1918 zeigt. Obwohl er sich selbst als der Politik Fernstehenden bezeichnet und seine Dialogphilosophie den Menschen als einen im Kern Unpolitischen konzipiert, zwingen das nahende Ende des Krieges und die Niederlage Österreich-Ungarns und des Deutschen Reiches Ebner dazu, die Ereignisse zu kommentieren und Stellung zu beziehen. Er tut dies in pointierter Form, indem er den Zusammenbruch der beiden Monarchien ausdrücklich befürwortet und in der Neugründung Österreichs als Republik trotz seiner Skepsis gegenüber allen politischen Systemen eine neue Zeit anbrechen sieht, in der der Mensch als Person stärker berücksichtigt und beachtet werden wird als es zuvor der Fall war.

4.9.2. Zur Überlieferung

Das Tagebuch 1918, datiert vom 19.12.1917 bis zum 19.12.1918, ist das achtzehnte der insgesamt 23 Tagebücher, die Ferdinand Ebner zwischen 1900 und 1931 geschrieben hat. Es ist im Nachlass vollständig in einem 202 Seiten starken Schulheft überliefert und trägt auf dem ersten Deckblatt am Umschlag den eigenhändigen Titel „Ferdinand Ebner. Tagebuch und Aphorismen 1917-1918“, auf dem zweiten den Titel „Tagebuch vom 19. Dezember 1917 bis 19. Dezember 1918“. Die wenigen Überarbeitungen und Korrekturen im Text sind in derselben Hand und mit derselben Tinte geschrieben wie der Text, sodass sie mit hoher Sicherheit Ebner zugeordnet werden können. Der Text des Tagebuchs, der 1964 in der Ausgabe von F. Seyr auszugsweise veröffentlicht wurde (vgl. Seyr II, S. 745–857), wird im vorliegenden Band erstmals in ungekürzter und vollständig kommentierter Form vorgelegt.


4.10. Tagebuch 1920 („Mühlauer Tagebuch“)

Abkürzung: Tgb 1920

4.10.1. Einführung

Im Sommer 1920 war Ferdinand Ebner einen Monat lang beim Herausgeber des Brenner, Ludwig von Ficker, in Mühlau nahe Innsbruck zu Gast. Während dieser Zeit entstand das sogenannte Mühlauer Tagebuch, das einzige Reisedokument, das Ebner verfasst hat.

In der Niederschrift seiner Erlebnisse und Gedanken erzählt Ebner von der Freundschaft, die sich zwischen ihm und Ficker entwickelt, den Begegnungen mit verschiedenen Persönlichkeiten aus dem Brenner-Kreis und den Diskussionen, die sich an seinen radikalen Thesen entzünden. Auf den zahlreichen Wanderungen, die er alleine oder in Begleitung von Ficker rund um Innsbruck unternimmt, wird Ebner von der Schönheit der alpinen Landschaft erfasst, die ihm, den „Denker des Wortes“, die Grenzen der Sprache bewusst werden lässt. Ähnliches erfährt ihm in der Begegnung mit dem Tiroler Künstler Erich Lechleitner, der ihn durch seine Persönlichkeit und seine Kunst beeindruckt, zugleich aber Ebners ikonoklastischer Haltung reserviert gegenübersteht. Ebner, der ganz geprägt von den eben niedergeschriebenen Gedanken von WgR ist und aus diesen heraus seine Erlebnisse zu interpretieren und verarbeiten sucht, wird hier zum ersten Mal unsicher, ob seine entschiedene Ablehnung von Natur und Kunst als dialogisch verwertbarer Potenzen gerechtfertigt ist.

4.10.2. Zur Überlieferung

Der Ordnung im Nachlass nach ist das Tagebuch 1920 das Letzte der 23 Tagebücher von Ebner. Es reicht vom 23.7.1920 bis zum 26.8.1920 und ist in einem 116 Seiten starken Heft überliefert, das am Umschlag vorne den eigenhändigen Titel „Ferdinand Ebner. Tagebuch und Notizen. Mühlau 1920“ trägt. Alle Einträge sind von der Hand Ebners, ebenso die wenigen Korrekturen und Ergänzungen. Im Vergleich zu den anderen Tagebüchern besteht es nicht nur aus den mit einem Datum versehenen Einträgen, sondern zusätzlich am Ende auch aus einer Reihe von Abschriften, die Ebner aus der im Hause von Ficker angetroffenen Literatur exzerpierte. In der Ausgabe von F. Seyr wurde der Text auszugsweise veröffentlicht, es ist also in der vorliegenden Edition das erste Mal, dass das Tagebuch in ungekürzter und textkritisch bearbeiteter Form zu lesen ist.


4.11. Brief von Josef Matthias Hauer, 1920-11-29

4.11.1. Einführung

Der Brief von Josef Matthias Hauer, der zeitgleich mit Arnold Schönberg die Zwölftonmusik erfand, im Gegensatz zu diesem aber ein „österreichisches Schicksal“ erlitt, ist jener Brief, der das Ende der bis in die gemeinsamen Jahre am Lehrerbildungsseminar Wiener Neustadt zurückgehenden Freundschaft mit Ferdinand Ebner bedeutet. In ihm bringt Hauer in der ihm eigenen, unnachahmlichen Weise die Gegensätze zur Sprache, die ihn von Ebner bezüglich der Frage, was das Geistige im Menschen sei, trennten und die zusammen mit den charakterbedingten, persönlichen Verletzungen zu dem Bruch führten.

4.11.2. Zur Überlieferung

Überliefert ist der Brief in Form eines 42 x 33,5 cm großen Blattes, das in der Mitte gefaltet ist und dessen Hälften vorne und hinten beschrieben sind. Die später bei der Aufnahme des Nachlasses eingefügten Seitenzahlen zählen nicht die Seiten, sondern die Blatthälften. Um eine Faksimile-Darstellung zu ermöglichen wird als Kompromiss eine recto-verso Seitenzählung angewendet. Bis auf die ersten Zeilen ist der Brief in Bleistift gehalten. Die wenigen Durchstreichungen und Einfügungen stimmen mit der Handschrift des übrigen Textes überein und können Hauer zugeordnet werden.


4.12. Brief an Ludwig von Ficker, 1919-09-23

4.12.1. Einführung

Dieser Brief an Ludwig von Ficker ist der Erste, den Ebner an den Herausgeber des Brenner schrieb. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, einen Verlag zu finden, hatte Ebner durch die Vermittlung des in München lebenden Satirikers und Kulturphilosophen Theodor Haecker das Manuskript von Das Wort und die geistigen Realitäten an Ficker zur Begutachtung geschickt, worauf dieser sich in einem von Ebner als „wohlwollend“ empfundenen Brief an ihn wandte, um ihm seine Bereitschaft zur Drucklegung zu bekunden. Die hier publizierte Antwort Ebners darauf markiert zugleich den Beginn einer bis zum Tod Ebners dauernden Freundschaft mit dem Innsbrucker Förderer.

4.12.2. Zur Überlieferung

Der 2 Seiten lange Brief wurde auf einem Blatt geschrieben. Die Kurrentschrift in Tinte ist eindeutig Ebner zuzuordnen, wer hingegen die Absatzzeichen und Gliederungszeichen am Rand eingefügt hat (Ficker?) muss offen bleiben.


5. Dank

Die vorliegende Version der Digitalen Edition der Werke Ferdinand Ebners ist das Ergebnis einer langjährigen Projektarbeit, das nur deshalb erzielt werden konnte, weil sich die Projektleiter und Herausgeber auf ein entsprechendes Umfeld stützen konnten. Allen Mitarbeitern, die sich im Laufe der Zeit mit viel Engagement am Projekt beteiligten sei hiermit gedankt.

Besonders erwähnt werden soll Walter Methlagl, der ehemalige Leiter des Brenner-Archivs und Präsident der Ferdinand Ebner Gesellschaft, der das Ebner-Projekt mit initiiert hatte und noch wichtiger ihm über die Jahre mit Rat und Tat zur Seite gestanden ist, so dass auch manche schwierige Situation bewältigt werden konnte.

In Bezug auf die Digitale Edition besonders hervorzuheben ist Romedius Weiss, ohne dessen technische Fertigkeiten und Informatik-Kenntnisse diese erste Version nicht entstanden wäre.